Sänger und Sängerinnen sind gottesgleich - daran besteht kein Zweifel. Denn ob großer Tenor oder unwichtiges Mitglied im Folklorechor - mit dem richtigen Organ steht so ziemlich jeder erfolglose Vollhorst einmal unmittelbar im Rampenlicht. Und während Vater und Mutter stolz auf den trällernden Nachwuchs schielen, wird dieser Fahrgast im schicken Bandbus. Ja, und es ist der Sänger / die Sängerin, die die Macht über die Fernbedienung des Bus-Flatscreens haben. Weil sie zum "Führen" geboren wurden - zumindest denken sie das. Die Wahrheit sieht (natürlich) ganz anders aus... In der Realität sind diese selbsternannten Musik-Diktatoren nämlich sensibel und zurückhaltend. Besonders im Schlaf...
Sänger kann man nicht werden. Als Sänger wird man geboren. Die individuelle Stimme, dieses gottgleiche "Instrument", ist dem Sänger in die Wiege gelegt. "Erste Geige"? Von wegen! Im Orchester steht der Solist GANZ vorne beim Dirigent. In der Konzert-Hirarchie ist er somit des Führers Stellvertreter - rein optisch natürlich. Bei den berühmten drei Tenören Domingo, Pavarotti und Carreras wurde der Dirigent sogar regelmäßig überstrahlt. Und auch bei der schnöden Coverband auf dem Altstadtfest Wanne-Eikel hängen die volltrunkenen Musikliebhaber meist an den Lippen des Sängers. Und heute? Heute werden Sängerinnen und Sänger im Fersehen gecastet und zu Kurzzeitstars gemacht. Oft haben diese nichtmal die Halbertzeit eines Tagesfliegen-Orgasmus und trotzdem stehen auch bei der nächsten Staffel "Deutschland sucht den Superdulli" wieder tausende Teenager vor den Hallen, um zwielichtige Knebelverträge zu unterzeichnen.
Wenn man Glück hat, dann strahlt beim nächsten Konzert etwas vom Schein des Frontmannes ab. Auf die Mitmusiker, die Techniker hinter der Bühne und am Ende auch auf das Publikum. Sänger sind keine Musiker im klassischen Sinn. Sie spielen kein Instrument. Und trotzdem ist die Musik ohne sie nicht wirklich vorstellbar. Und das wissen sie auch sehr genau...